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Silas lacht auf.
Das glaube ich dir aufs Wort.
Er streicht sich ein paar feuchte Haarsträhnen aus dem Gesicht und legt ein weiteres Stück Schwemmholz ins Feuer.
Heute habe ich nichts zu Essen hier. Tut mir leid. Wir holen uns gleich was, wenn du willst.
Shae zuckt mit den Schultern und blickt ins Feuer.
"Schon in Ordnung. Ich kann später zuhause etwas essen. Meine Mutter versorgt noch immer jeden Tag ein paar Städter."
Silas denkt über Shaes Worte nach und den fahlen Beigeschmack, die sie hinterlassen. Eine Weile schweigt er und sieht hinaus aufs Meer, dann wendet er sich ihr wieder zu.
Shae.. ich würde dir gerne ein paar Dinge erzählen, ehe wir nach Esturien reisen. Ich will, dass du weisst, was dich dort erwartet.
Shae scheint noch immer einen Moment lang in ihren gedanken zu hängen, doch dann wendet sie Silas ihren Blick zu und lächelt, wenn auch leicht verunsichert.
"In Ordnung. Dann nur raus damit..."
Sieh mich nicht so an.
lacht Silas, dem die Unsicherheit in Shaes Blick nicht entgeht.
Ich will nur nicht, dass es dir am Ende nicht gefällt und du bereust, mit mir gegangen zu sein.
Er sieht sie noch einen Moment lang an, dann wendet er den Blick ab und sieht ins Feuer. Gar nicht so leicht, irgendwo anzufangen.
Na schön also.. ich lebe auf dem Grund der Alchemistengilde, etwas ausserhalb von Porta Estoria. Du wirst es mögen, es ähnelt Rosener ein wenig, wie ich finde, und ist die grösste Stadt Esturiens.
Die Anlage der Gilde ist gross und steht allen Alchemisten des Reiches zur Verfügung, ist aber keine Schule, wie man sie von Magierakademien kennt. Wir zeichnen uns nicht durch illusionsgeladenes Verhalten aus, wie die Magier es tun. Unsere Arbeit ist exakte Wissenschaft, kein Schein und kein Trugbild. Aber ich schweife ab.
Ein entschuldigendes Lächeln folgt.
Du kannst natürlich bei mir leben die erste Zeit. Zumindest bis du dich entscheidest, was du mit deinem Leben anfangen möchtest. Ich bringe dir bei, was ein Vampir wissen muss, doch danach bist du frei und kannst gehen, wohin du willst.
"Ich habe das Gefühl, dir nicht ganz folgen zu können, Silas."
gibt Shae ehrlich zu. Will er mehr sagen als das, dass sie bei ihm bleiben kann? Wie wird dieses Angebot durch die Gilde bedingt? Sind dort noch andere Menschen, die etwas gegen sie haben könnten?
Silas hält inne und sieht Shae überrascht an.
Du kannst mir nicht folgen? Welchen Teil hast du denn.. nicht verstanden?
fragt er mit erhobenen Augenbrauen und geht seine Worte im Geist noch einmal durch. So kompliziert war das doch nicht?
Verlegen blickt Shae auf den Boden.
"Ich schätze, ich verstehe den Zusammenhang nicht ganz. Sollte mich eure Gilde und deine Arbeit davon abbringen, mit dir gehen oder bei dir leben zu wollen? Oder ist das nur... begrenzt möglich?"
Silas schüttelt den Kopf und lächelt.
Nein, keineswegs. Es gibt keinen Haken an der Sache, Shae. Bleib bei mir, solange du willst. Ich wollte dir nur sagen, wohin ich dich bringen werde. Für gewöhnlich stürzen sich die meisten Mensch nicht gerne mit einem mehr oder weniger fremden Mann in ein fernes Königreich, ohne auch nur das Geringste darüber zu wissen. Deshalb dachte ich.. es würde dich vielleicht interessieren. Nichts weiter.
Shae lacht erleichtert auf.
"Ich bin halt nicht wie die meisten, Silas, das solltest du mittlerweile verstanden haben. Ich kann es kaum erwarten, von hier weg zu kommen, wirklich."
Unerschrocken.
sagt Silas schliesslich und mustert Shae schmunzelnd.
Vielleicht etwas zu unerschrocken für ein junges Mädchen. Aber mir solls recht sein, ich habe nicht vor, dein Vertrauen zu missbrauchen.
Shae zuckt nur mit den Schultern, lächelt jedoch noch immer zaghaft.
"Ich denke, der Mut, der nötig ist, aus seiner Situation herauszubrechen, sinkt mit der Demütigung, die man in dieser erfährt."
Keiner wird dich demütigen, solange du bei mir bist. Versprochen.
antwortet Silas vollkommen überzeugt.
Du hast etwas anderes verdient, Shae. Und ich hoffe, du findest es in Esturien.
Shae lächelt zuversichtlich, selbst wenn in ihren Augen noch immer ein Funke Zweifel liegt.
"Das hoffe ich doch. Ich will mich von diesem Leben hier lösen, koste es, was es wolle."
Entschlossenheit spricht aus ihren Worten und auch ihren Augen beginnen sogleich zu funkeln.
Gibt es etwas, was du vermissen wirst?
fragt Silas schliesslich. Es gibt vieles, was ihm an Shae völlig fremd vorkommt. Dieses Gefühl, von seiner Familie weg zu wollen, kennt er zwar, doch vermutlich in einer ganz anderen Art und Weise als sie.
"Meine Familie natürlich. Vor allem Jayden."
erwidert Shae sogleich. Denn es ist wahr, auch wenn sie nicht mehr hier leben kann. Nicht mit ihrer Mutter. Das würde sie nur noch mehr zerstören.
Ja.. ich erinnere mich. Jayden.
Silas weiss nicht viel über Jayden, aber Samson hat in den höchsten Tönen von ihm gesprochen. So wie auch von Shae. Und damit hatte er wohl recht.
Wer weiss, vielleicht führt ihn seine nächste Seefahrt wieder nach Esturien. Und dann besucht er dich bei mir.
Shae lächelt verträumt und liebevoll in Gedanken an ihren Bruder.
"Das hoffe ich sehr. Wir standen uns immer sehr nahe, doch er hat eher... die Kurve gekratzt. Er ist gegangen, sa es ihm möglich war. Er hat begonnen, sein Leben zu leben, während ich noch immer hier festsitze."
Festsass. Es ist nur eine Frage der Zeit.
Silas lehnt sich lächelnd zurück und stützt sich mit den Ellbogen im Sand ab.
Du nimmst dein Schicksal nun auch in die Hand.
"Das tue ich."
sagt Shae in voller Überzeugung und lächelt ihn dankbar an.
"Mit deiner Hilfe."