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Nebenstory der Geschichte [url=http://drakestrin.de/thread/view/2279/21#post63604]Erkundung der Kantor Provinz[/url]. (Link direkt zum abzweigenden Post)
Nach einem gefühlt endlosen Ritt kommt Long spät Nachts an Liems Herrenhaus an. Auf dem anliegenden Hügelkamm zügelt er unter einem mit Sternen übersähten Nachthimmel sein Pferd und blickt hinunter auf das Anwesen. Alles scheint ruhig und verlassen, nur das feine Flackern des Kaminfeuers oder einiger Kerzen beleuchtet jenes Fenster des Hauses, hinter welchem sich das Schlafzimmer von Liems Schwester befindet.
Long seufzt. Liems Schwester.. Chen Lu. Genau wie seinen Freund kennt Long sie schon seit seiner frühen Kindheit. Ein faszinierendes Mädchen, das sich gelegentlich.. nein, eigentlich ziemlich oft sogar, ziemlich undamenhaft benimmt. Zumindest in Liems Augen. Long hingegen findet sie bewundernswert. Und das nicht erst, seit sie ihm bei ihrer letzten Auseinandersetzung die Hose mit dem Schwert beinahe bis zum Bund aufgeschlitzt hat.
Er lenkt sein Pferd den schmalen Pfad zum Haus hinunter und öffnet das schmiedeeiserne Tor.
Als Chen Lu ein Geräusch vor dem Haus vernimmt, ist sie gerade dabei, sich ihr Nachtgewand anzuziehen. Es war bereits stockfinster draußen und sie hatte eigentlich geplant, bald schlafen zu gehen. Seit Liem vornein paar Tagen plötzlich wohin auch immer aufgebrochen ist, ohne ihr Bescheid zu sagen, war sie also alleine hier. Auch wenn es alleine recht langweilig war, hatte sie auf einem Spaziergang gestern einen jungen Mann kennengelernt und ihn daraufhin gleich einmal in die Hütte eingeladen. Vielleicht... Sie grinste vor sich hin. Dann schnappte sie sich ihren Dolch und geht auf die noch nicht verdchlossene Tür zu. Man weiß ja nie...
Long springt vom Pferd und beschliesst, erst nach Chen Lu zu sehen, ehe er es in den Stall zum restlichen Gestüt bringt. Er dreht sich noch einmal zum Hügel um. Dumm, zu glauben, diese seltsame Finsternis wäre ihm gefolgt. Ausser dem sternenklaren Himmel kann er nichts bemerkenswertes entdecken. Er zuckt mit den Schultern und geht auf die grosse Flügeltür zu, um sie dann so leise wie möglich zu öffnen. Wer weiss, ob Chen Lu nicht bereits schläft und keinesfalls möchte er sie wecken.
Als die Tür sich nun tatsächlich öffnet, legt sie ihren Dolch an die Kehle des Eintretenden. Als sie jedoch den Mann erkannte, seufzte Chen Lu und ließ ihren Dolch sinken, nur ein kleines Stück. Er blieb an seinem Oberteil hängen.
Soll es heute das Hemd statt der Hose sein?
Long hält einen Moment erschrocken inne, hebt dann aber seine Hand und drückt ihre Klinge vorsichtig mit dem Zeigefinger zur Seite.
Du bist wach..
Die Worte klingen heiser und er räuspert sich hastig. Steht sie da gerade im Nachtgewand vor ihm?!
Ich meine.. Liem schickt mich.
Na klar, Liem hat ihn geschickt. Wut durchfuhr sie für einen Moment, sodass sie ihren Dolch so schnell wegriss, dass er einen kleinen Riss an seinem Finger hinterließ.
Natürlich hat dich Liem geschickt. Als würdest du mich ansonsten in diesem Exil hier besuchen.
Sie wandte sich ab und lief mit schwingenden Hüften zu ihrem Bett und ließ sich darauf fallen.
Long wischt sich den blutenden Zeigefinger am Wams ab und schliesst die Tür hinter sich. Dann folgt er Chen Lu und ertappt sich dabei, wie er ihr aufs Gefäss starrt. Schnell wendet er den Blick ab und bleibt neben der Tür stehen.
Exil.. Nun, du hast also schon gehört, dass er will, dass du eine Zeit hier bleibst?
Ruckartig setzt sie sich auf, wobei sich ein paar Strähnen auf ihrem Zopf lösen.
WAS? Sag mir bitte, dass ich mich gerade verhört habe!
Also ist der Bote noch nicht angekommen..
Long seufzt erneut und legt Bogen und Schwerter auf eine kleine Ablage unter einem Spiegel. Dafür dass er, Long, Chen Lu diese Nachricht überbringen muss, könnte er Liem gerade den Hals umdrehen.
Ich soll mich vergewissern, dass du hier bleibst, bis wir etwas anderes hören.
Oh, ich glaube, der BOTE ist gerade angekommen.
Wutentbrannt geht sie auf ihn zu, stoppt jedoch, als sie bedenkt, dass er ja nur der Bote ist. Sie sollte wohl eher sauer auf ihren Bruder sein. Sie versuchte, sich etwas zu beruhigen...
Was soll das heißen? Ich darf das Haus nicht mehr verlassen?
Ich schätze, das heisst es wohl. Naja, in deine Gärten darfst du natürlich, aber er will nicht, dass du ganz raus gehst.
Gewiss wäre es einfacher, ihr einfach zu sagen, was los ist. Aber Liems Befehle lauten anders. Und die wird Long befolgen.
Zudem werde ich morgen das ganze Personal von hier weg schicken.
Damit das Haus verlassen wirkt und kein interessantes Ziel darstellt. Aber auch das kann er ihr nicht sagen.
Warum? Was hat das für einen Zweck?
Aus schmalen Augen blickt sie ihn von unten herab an. Warum musste er nur so groß und muskulös sein? Das lenkte sie ab!
Dein Bruder will nicht, dass ich dir den Grund dafür nenne, Chen Lu.
Als sie gerade protestieren will, geht er einen Schritt auf sie zu und sieht sie eindringlich an.
Ich kenne den Grund und ich sage dir, Liem reagiert nicht übertrieben. Also könntest du dir und mir das hier erleichtern und seine Befehle einfach befolgen.
Er hält die Luft an, während er auf eine Reaktion wartet.
Auch wenn es unmöglich scheint, verengen sich Chen Lus Augen erneut. Eine Weile starrt sie ihn nur an.
So ein Scheißkerl! Was denkt er sich eigentlich dabei? Denkt er wirklich-
..., dass ich einfach hier bleiben werde. Doch den letzten Teil des Satzes sprach sie nicht aus. Ansonsten würde Ling nur alarmierter reagieren. Sie wendet sich um und sucht nach irgendetwas, dass sie zerschlagen kann. Stattdessen nimmt sie mehrere ihrer Dolche und beginnt sie gegen eine ihrer Wände zu werfen. Scheiß drauf, dass ist Liems Haus.
Long kann sich ein Lachen nicht verkneifen. Er hat mit vielem gerechnet. Dass sie ihn anbrüllen würde, ihm vielleicht sogar an die Gurgel springt. Oder dass sie zur Tür läuft, um sofort von hier zu verschwinden. Aber damit? Niemals. Er räuspert sich, grinst aber noch immer.
Entschuldige..
Also.. wirst du dich daran halten?
Mal sehen...
Dann wendet sie ihm kurz den Blick zu und sieht sein Grinsen. Sie hält in ihrem Wurf inne und wirft ihm tödliche Blicke zu.
Findest du das etwa lustig? Wollt ihr mich etwa verarschen? Warum behandeln mich einfach alle, als wäre ich ein kleines Kind, hä? Sogar du!
Chen Lu, du wirfst gerade Dolche gegen die mit teurem Mahagoniholz verkleidete Wand im Haus deines Bruders.. Verzeih, wenn ich da etwas lachen muss.
Er zieht seinen Mantel aus und wirft ihn über die Stuhllehne.
Ich behandle dich nicht wie ein kleines Kind. Ich folge lediglich meinen Befehlen.
Okay, das war wirklich etwas komisch. Aber nicht in dieser Situation! Bockig beobachtet sie, wie er nachdem er seine Waffen auf ihrer Komode abgelegt hat, jetzt auch noch seinen Mantel besitzergreifend über IHREN Stuhl hängt.
Wann hast du eigentlich damit angefangen, meinem Bruder so in den Arsch zu kriechen? Früher, als wir noch kleiner waren, hattest du noch deinen eigenen Kopf und-
Noch lange nicht so viele Muskeln! Als ihr Blick auf Long durchtrainierten Oberkörper fällt, der sich unter seinem Hemd nun deutlich abzeichnet, vergisst sie, was sie sagen wollte. Stattdessen formt ihr Mund eine Frage.
Gibt es da noch mehr Kleidungsstücke, die du gerne loswerden möchtest?
Long hält inne und dreht sich zu Chen Lu um. Hat er sie gerade richtig verstanden?! Er blickt an sich hinunter.
Nun.. Genaugenommen noch einiges, ehe ich ins Bett gehe. Ich meine.. In.. mein eigenes Bett.
Seine Wangen werden rot und er wendet sich hastig wieder seinem Mantel zu, damit Chen Lu nicht bemerkt, wie verlegen sie ihn mit ihren Blicken und ihrem bezaubernden, viel zu eng und wohl ein Stück zu unzüchtig geschnittenen Nachtgewand macht.
Oh Gott, hatte sie die Frage wirklich laut ausgesprochen? An Long gewandt? Auch ihr stieg die Röte in die Wangen, was Long zum Glück nicht sehen konnte, denn dieser wandte sich ab und zeigte ihr seinen V-förmigen Rücken. Breite Schultern und schließlich schmale Taille. Machte er das mit Absicht?
Soweit ich weiß, wurde bisher noch kein weiteres Bett bezogen... Deine Ankunft war recht... überraschend.