Gerichtsordnung des Fürstentumsgerichtshofs Firent
Abschnitt 1. Vorverfahren.
§ 1 [Klagebefugnis]
(1) Klagebefugt ist jede Person, die in eigenen Rechten verletzt wurde.
(2) Ist der Verletzte aufgrund der Rechtsverletzung nicht in der Lage zu klagen, sind dessen nächsten Angehörigen oder Rechtsnachfolger klagebefugt.
(3) Eltern sind befugt, im Namen ihrer Kinder zu klagen.
§ 2 [Klageschrift]
(1) Die Erhebung einer Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss den Beklagten und die ihm vorgeworfene Rechtsverletzung benennen sowie einen Antrag an das Gericht enthalten.
(3) Die Klageschrift soll die im Prozess vorzubringenden Beweismittel benennen, insbesondere die zu ladenden Zeugen benennen.
§ 3 [Anträge]
Der Kläger kann beantragen, dass das Gericht
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den Beklagten zur Erbringung einer vertraglich geschuldeten Leistung verurteilt;
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den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in einer bestimmten Höhe verurteilt;
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den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz nach eigenen Ermessen verurteilt;
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den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz und ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe verurteilt;
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feststellt, dass der Beklagte dem Kläger Erbringung einer bestimmten Leistung schuldet, wenn der Kläger berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat;
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feststellt, dass der Beklagte dem Kläger Schadensersatz in noch unbestimmter Höhe schuldet, wenn der Kläger berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
Eine Klageschrift kann beliebig viele Anträge enthalten.
§ 4 [Abweisung der Klage]
Das Gericht weist eine Klage als unzulässig ab, wenn sie den Formvorschriften nicht genügt oder wenn sie offensichtlich unbegründet ist.
§ 5 [Verweisung]
(1) Das Gericht verweist Klagen an den Provinzgerichtshof Malazien, wenn der zu erwartende Schadensersatz 100 Tuk übersteigt.
(2) Das Gericht verweist Klagen an den Reichsgerichtshof, wenn sie sich mit Hochverrat oder Verfassungsbruch befassen.
(3) Das Gericht verweist Klagen zu Rechtsstreiten außerhalb von Firent an den jeweils zuständigen Fürstentumsgerichtshof.
§ 6 [Klageerwiderung]
(1) Der Beklagte hat in einer schriftlichen Klageerwiderung seine Verteidigungsmittel vorzubringen, soweit es einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Durch das Gericht zu ladende Zeugen sind anzugeben.
(2) Die Frist zur schriftlichen Klageerwiderung wird vom vorsitzenden Richter nach seinem Ermessen festgelegt, beträgt jedoch mindestens drei Tage. Äußert sich das Gericht in einem konkreten Prozess nicht zur Klageerwiderungsfrist, ist davon auszugehen, dass sie drei Tage beträgt.
§ 7 [Terminsetzung und Ladung]
Der vorsitzende Richter setzt nach Eingang der Klageerwiderung einen Termin zur Hauptverhandlung fest und lädt unter Einhaltung einer angemessenen Frist die Parteien, Zeugen und Sachverständigen zur Verhandlung.
§ 8 [Klagerücknahme]
Der Kläger kann bis zum Tag der Hauptverhandlung seine Klage zurücknehmen.
Abschnitt 2. Verhandlung.
§ 9 [Verhandlungseröffnung]
Der vorsitzende Richter stellt fest, ob die Prozessparteien und geladenen Zeugen und Sachverständigen anwesend sind, und eröffnet die Verhandlung durch Verlesung der in § 2 Absatz 2 genannten Angaben.
§ 10 [Ablauf der Verhandlung]
(1) Auf die Eröffnung der Verhandlung folgt die Beweisaufnahme.
(2) Die Beweisaufnahme beginnt mit der Vernehmung des Beklagten und des Klägers nach Maßgabe der §§ 10 bis 12. Anschließend untersucht das Gericht zunächst die vom Kläger, dann die vom Beklagten vorgebrachten Beweismittel. Bei der Vernehmung von Zeugen gelten die §§ 10 bis 12.
(3) Nach dem Schluss der Beweisaufnahme erhalten der Kläger und sodann der Beklagte beziehungsweise deren Rechtsbeistand das Wort. Dem Beklagten gebührt das letzte Wort.
(4) Das Gericht zieht sich zur Beratung und Urteilsfindung gemäß Abschnitt 3 zurück.
(5) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils durch den vorsitzenden Richter gemäß § 17.
§ 11 [Ordnung]
(1) Dem vorsitzenden Richter obliegt die Aufrechterhaltung der Ordnung während dem Prozess.
(2) Parteien, Zeugen, Sachverständige oder bei der Verhandlung nicht beteiligte Personen, die den zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffenen Anordnungen nicht Folge leisten, können von der Verhandlung ausgeschlossen sowie zur Ordnungshaft abgeführt und während einer zu bestimmenden Zeit, die vierundzwanzig Stunden nicht übersteigen darf, festgehalten werden.
(3) Über Maßnahmen nach Absatz 2 entscheidet gegenüber Personen, die bei der Verhandlung nicht beteiligt sind, der vorsitzende Richter, in den übrigen Fällen das Gericht.
§ 12 [Vernehmung von Zeugen]
(1) Zeugen unterliegen einer Wahrheitspflicht. Der vorsitzende Richter hat sie hierüber zu Beginn ihrer Vernehmung zu belehren.
(2) Über die Zulässigkeit von Fragen entscheidet der vorsitzende Richter.
(3) Steht eine Beeinflussung von Zeugen durch die Aussage eines anderen zu befürchten, können diese für die Dauer seiner Vernehmung aus dem Sitzungssaal entfernt werden.
(4) Die Zeugenvernehmung beginnt mit der Befragung des Zeugen durch diejenige Prozesspartei, zu deren Unterstützung sie geladen wurde. Der Beklagte wird zunächst vom Kläger, der Kläger zunächst vom Beklagten befragt.
(5) Anschließend befragt die Gegenseite den Zeugen.
(6) Die Partei, zu deren Unterstützung der Zeuge geladen wurde, hat die Möglichkeit, abschließende Fragen an den Zeugen zu stellen. Beklagter und Kläger dürfen sich ohne erneute Fragen äußern.
§ 13 [Schweigerecht]
(1) Niemand ist verpflichtet, sich selbst durch eine Aussage zu belasten. Jeder Zeuge ist hierüber aufzuklären.
(2) Zur Verweigerung der Aussage sind ebenfalls berechtigt
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Verlobte des Beklagten;
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Ehegatten des Beklagten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
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wer mit dem Beklagten in gerader Linie verwandt oder verschwägert ist;
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Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
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Anwälte, Ärzte, Apotheker und Hebammen über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist.
(3) Hat der Beklagte im Vorfeld der Verhandlung ein Geständnis abgelegt, ohne über sein Schweigerecht aufgeklärt worden zu sein, ist dieses Geständnis nicht verwertbar. Es darf nicht zur Urteilsfindung herangezogen werden.
§ 14 [Vereidigung]
(1) Zeugen werden nur vereidigt, wenn es das Gericht wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage nach seinem Ermessen für notwendig hält.
(2) Die Vereidigung der Zeugen erfolgt einzeln und nach ihrer Vernehmung.
(3) Der Eid wird in der Weise geleistet, dass der Richter an den Zeugen die Worte richtet:
»Sie schwören bei den Allmächtigen und Allwissenden Göttern, dass Sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen haben«
und der Zeuge hierauf die Worte spricht:
»Ich schwöre es im Namen der Götter«.
(4) Dem Zeugen steht es frei, im Namen seines Hausgottes zu schwören.
§ 15 [Tod]
(1) Stirbt der Kläger während des Verfahrens, so können seine Erben an seiner statt den Prozess fortführen.
(2) Stirbt der Beklagte während des Verfahrens, kann der Prozess gegen seine Erben nur fortgeführt werden, sofern Schadensersatz in Rede steht. Die Erben haften bis zur Höhe des Nachlasses des Beklagten.
Abschnitt 3. Urteil.
§ 16 [Urteilsfindung]
(1) Das Gericht orientiert sich in der Urteilsfindung an den Anträgen der Parteien, kann jedoch in besonderen Fällen nach seinem Ermessen von ihnen abweichen.
(2) Zur Urteilsfindung ist eine einfache Mehrheit erforderlich. Kommt keine Stimmenmehrheit zustande, ist die Stimme des vorsitzenden Richters entscheidend.
§ 17 [Beweiswürdigung]
(1) Das Gericht entscheidet unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.
(2) Im Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
§ 18 [Schadensermittlung]
(1) Über die Frage, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse beläuft, entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung.
(2) Das Gericht kann nach seinem Ermessen die Begutachtung durch einen Sachverständigen anordnen.
§ 19 [Freiheitsstrafe]
(1) Das Gericht kann den Beklagten statt zu Schadensersatz zu einer Freiheitsstrafe verurteilen, wenn abzusehen ist, dass der Beklagte den von ihm zu erbringenden Schadensersatz nicht bezahlen kann.
(2) Die Höhe der ersatzweisen Freiheitsstrafe bemisst sich nach der Höhe des Schadens und der Schuld des Beklagten. Sie darf nicht länger andauern als die Zeit, die der Beklagte benötigen würde, um das Geld zur Zahlung des Schadensersatzes zu verdienen.
(3) Das Gericht kann den Beklagten zu einer den Schadensersatz ergänzenden angemessenen Freiheitsstrafe verurteilen, wenn
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der Schuld des Beklagten durch Ersatz des Schadens nicht genüge getan werden kann;
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der Nutzen, den der Beklagte aus der Rechtsverletzung gezogen hat, den zu zahlenden Schadensersatz übersteigt.
(4) Die Höhe der ergänzenden Freiheitsstrafe bemisst sich nach der Schuld des Beklagten und liegt im Ermessen des Gerichts.
§ 20 [Urteilsverkündung]
(1) Das Urteil ergeht im Namen des Kaisers.
(2) Das Urteil wird durch Verlesung der Urteilsformel und Eröffnung der Urteilsgründe verkündet.
(3) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Beklagte schuldig gesprochen wird, sowie Art und Höhe des zu leistenden Schadensersatzes oder der Freiheitsstrafe.
(4) Wird der Beklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob er für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen seine für erwiesen angenommene Handlung für nicht rechtswidrig erachtet worden ist.
Abschnitt 4. Rechtskraft und Rechtsmittel.
§ 21 [Rechtskraft des Urteils]
Ein verkündetes Urteil wird rechtskräftig nach ereignislosem Verstreichen der Revisionsfrist oder bei schriftlichem Rechtsmittelverzicht der Parteien.
§ 22 [Revision]
(1) Verurteilter und Kläger haben das Recht, binnen der jeweils gültigen Frist Revision eines noch nicht rechtskräftigen Urteils beim nächsthöheren Gericht zu beantragen. Hat das nächsthöhere Gericht keine Revisionsfrist festgelegt, beträgt die Frist drei Tage.
(2) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das Urteil auf einer Verletzung des Rechts beruht. Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(3) Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
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wenn entgegen § 11 Absatz 3 ein unverwertbares Geständnis in die Entscheidungsfindung einfloss;
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wenn das Urteil nicht mit Gründen versehen ist.
§ 23 [Wiederaufnahme des Verfahrens]
(1) Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,
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wenn ein Zeuge erwiesenermaßen eine Falschaussage zuungunsten des Verurteilten gemacht hat;
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wenn bei dem Urteil ein Richter mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlasst ist;
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wenn neue Tatsachen oder Beweismittel aufgetaucht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder ein wesentlich milderes Urteil zu begründen geeignet sind.
(2) Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zuungunsten des Verurteilten ist zulässig,
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wenn ein Zeuge erwiesenermaßen eine Falschaussage zugunsten des Verurteilten gemacht hat;
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wenn bei dem Urteil ein Richter mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlasst ist;
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wenn von dem Freigesprochenen vor Gericht oder außergerichtlich ein glaubwürdiges Geständnis abgelegt wird.
Abschnitt 5. Rechte der Prozessparteien.
§ 24 [Rechtsbeistand]
(1) Kläger und Beklagter haben ein Recht auf rechtskundigen Beistand.
(2) Kann eine Prozesspartei die Kosten für einen Rechtsbeistand nicht übernehmen, hat sie das Recht auf einen vom Fürstentum bezahlten Rechtsbeistand nach Maßgabe des Absatz 3.
(3) Die Kostenübernahme wird für bedürftige Beklagte im Regelfall gewährt. Bedürftige Kläger müssen hohe Erfolgschancen ihrer Klage geltend machen, um einen vom Fürstentum bezahlten Rechtsbeistand zu erhalten.
(4) Über die Gewährung der Kostenübernahme entscheidet die Gräfin von Firent.
§ 25 [Ablehnung eines Richters]
(1) Kläger und Beklagter haben das Recht, einen befangenen Richter abzulehnen.
(2) Ein Ablehnungsantrag ist unverzüglich zu stellen, sobald sich die Befangenheit des Richters zeigt.
(3) Ein Richter gilt von Rechts wegen als befangen,
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wenn er selbst von der Rechtsverletzung betroffen ist;
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wenn er Ehegatte des Beklagten oder des Klägers ist oder gewesen ist;
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wenn er mit dem Beklagten oder mit dem Kläger in gerader Linie verwandt oder verschwägert ist oder war;
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wenn er in der Sache als Rechtsbeistand für Kläger oder Beklagten tätig gewesen ist;
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wenn er in der Sache als Zeuge vernommen ist.
(4) Über die Ablehnung eines Richters aus sonstigen Gründen entscheidet die Gräfin von Firent.