Die Legende von den Tränen aus Gold
Vor langer Zeit da lebte ein Schmied namens Terben in einem kleinen Dorf. Das Dorf war klein und die Bewohner waren arm. Sie bearbeiten von morgens früh bis spät in die Nacht ihre Felder, doch war die Ernte kläglich und viele Kinder weinten sich nachts vor Hunger in den Schlaf. Eines Tages kam ein Bote des Königs in das Dorf. Er stellte sich auf den Marktplatz und verlas eine Botschaft. »Höret ihr Leute! Es schreckliches Unglück ist geschehen. Prinzessin Amelie ist von einem Drachen entführt worden. Wer es schafft sie zu befreien, der wird reich belohnt werden.« Die Leute des kleinen Dorfes hörten die Botschaft, doch sie waren einfache Bauern, sie konnten nichts tun. Terben jedoch konnte an nichts anderes mehr denken. Er sah täglich das Elend seiner Nachbarn und so begann er ein Schwert zu schmieden um des Königs Tochter zu retten. Nach drei Tagen Arbeit ohne Unterlaß hielt er ein prächtiges Schwert in seinen Händen. Die Klinge war scharf und funkelte hell in der Sonne.
Mit diesem Schwert in der Hand ging Terben los um den Drachen zu suchen. Der Weg war weit, doch Terben gab nicht auf.
Und so kam er zu der Höhle des Drachen. Sie befand sich in der Wand eines Vulkanes. Terben schlich sich heran und beobachtete die Höhle. Nach einigen Stunden kam der Drache heraus und flog davon. Terben verließ beinahe der Mut, denn der Drache war groß und sein Atem aus Feuer. Doch er dachte an sein Dorf und kletterte in die Höhle. Dort drinnen war es heiß und die Steine schwarz vor Asche. Terben suchte die Prinzessin und fand sie schließlich, gekettet an einen Felsen. Amelie hob den Kopf und blickte ihrem Retter in die Augen. In diesem kurzen Moment geschah es. Terben verliebte sich unsterblich in die Prinzessin.
Mit seinem Schwert sprengte er ihre Ketten und deutete ihr mit ihm zu kommen. Die Prinzessin folgte ihm und sie hatten es beinahe geschafft. Doch plötzlich hörten sie gewaltiges Flügelrauschen und einen Schrei, der sie erstarren ließ.
Der Drache war zurückgekehrt. Terben stellte sich vor Amelie und hob sein Schwert. Entschlossen blickte er dem Drachen in die Augen, alles was er dort sah war Bosheit und Wut. Der Kampf begann und dauerte über eine Stunde lang. Dann konnte Terben nicht mehr und sank in die Knie. Er würde den Drachen nicht besiegen können. Flehentlich bat er darum, das die Prinzessin gehen könne, der Drache sollte ihn stattdessen nehmen. Der Drache hörte die Worte und blickte dann auf Amelie. Diese hatte den Kampf still beobachtet und sprach auch jetzt kein Wort. Der Drache holte tief Atem und bald würde Terben das Feuer spüren. Terben wandte sich zu Amelie, um ein letztes Mal die Frau zu sehen, die er liebte. Doch in ihren Augen sah er nur sein eigenes Spiegelbild. Amelie liebte ihn nicht, sie war froh, das er an ihrer Stelle sterben würde. Terben war es so, als hätte Amelie ihm sein eigenes Schwert ins Herz gestoßen. Er senkte den Kopf und wartete auf das Feuer des Drachen. Minuten vergingen, die sich dehnten wie Stunden. Die Hitze kam so überraschend und war so heiß, das Terben vor Schmerzen schrie und dann wurde es dunkel um ihn. Amelie sah wie das Feuer Terben verbrannte und dann rannte sie los, so schnell sie konnte. In ihrer Hast achtete sie nicht auf den Weg, sie irrte umher und sollte das Königreich ihres Vaters niemals wieder finden. Terben lag in der Dunkelheit, doch plötzlich wurde es wieder hell um ihn. Verwirrt setzte er sich auf, auch seine Schmerzen waren verschwunden. Er schaute an sich herunter, doch konnte er keine Verwundungen erkennen. Ein Schatten fiel auf ihn, der Drache war vor ihn getreten. Abermals blickte Terben in die Augen des Drachen und nun sah er etwas anderes dort, es schien fast Mitgefühl zu sein und eine große Traurigkeit. Dann drehte der Drachen sich um, ging in seine Höhle und war verschwunden. Verwirrt machte sich Terben auf den Rückweg. Suchend schaute er sich nach Amelie um, doch fand er sie nicht. Sein Herz war gebrochen, doch seine Augen waren leer, keine Träne befand sich in ihnen. Erst nach Wochen kam er in sein Dorf zurück, dort hatte eine schwere Dürre alle Felder verdorren lassen und viele Menschen schon waren tot. Die, die übrig geblieben waren, waren krank und schwach. Terben sah das Elend und als ein kleiner Junge ihn fragte, ob er die Belohnung bekommen hätte, da mußte Terben den Kopf schütteln. Der Junge fing an zu weinen und das ganze Dorf mit ihm. Sie alle hatten auf Terben gehofft. Terben sah die vielen Tränen und nun löste sich auch eine Träne bei ihm. Langsam rollte sie über seine Wange und fiel auf den staubigen Boden. Dort glitzerte es auf einmal golden, die Träne war zu Gold geworden. Das Feuer des Drachens hatte Terben äußerlich nicht geschadet, doch war er innerlich verbrannt. Und von diesem Zeitpunkt an kam der Wohlstand in das kleine Dorf. Jedes Jahr weinte Terben an dem einen Tag eine goldene Träne. Diese war von so reinem Gold, das ihr Erlös das ganze Dorf ein Jahr lang ernähren konnte. Nach etlichen Jahren war aus dem kleinen Dörfchen eine große stattliche Stadt geworden. Terben jedoch ließ der Gedanke an Amelie keine Ruhe und er verließ das Dorf und wandert so lange umher, bis er sie gefunden hat. Und auch heute noch suchen Drachensteiner nach Gold, das die Form von Tränen hat.