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"Sicher doch. Ihr braucht Euch keine Sorgen machen. Ich passe auf Joen auf. Und auf das Haus."
Rhaegar strahlt seine Tochter an. Sie ist sein ganzer Stolz. Er hat sich schon immer eine Tochter gewünscht. Dass sie dann auch noch so stark, mutig und wunderschön ist, ist Fluch und Segen zugleich. Sie kann manchmal ziemlich waghalsig und dickköpfig sein, doch das ist nun mal so in dieser Familie. Schlimmer ist, dass sie bald in dem Alter ist, in dem die ersten Jungen auf sie aufmerksam werden, wenn sie es nicht bereits geworden sind.
"Ich ebenso. Daeny und ich haben weiter trainiert. Ich muss dir unbedingt zeigen, wie ich sie jetzt entwaffnen kann."
Während Joen, sein anderer ganzer Stolz, an seinem Ärmel zieht, verdreht Daeny nur die Augen. Scheinbar gefällt es ihr gar nicht, dass ihr Bruder immer größer und geschickter wird.
Dann versuche es doch dann gleich einmal bei mir!
Das wissen wir beide. Und das war es auch nicht, was ich wissen wollte.
Viserya lächelt liebevoll und umarmt ihre Tochter erneut. Sie ist schon so erwachsen und doch wird sie immer ihr kleines Mädchen bleiben. Als sie sich wieder von ihr löst, stemmt sie ihre Arme in die Hüften und sieht Joen lachend an.
Ich glaube, der junge Herr hat etwas vergessen.. Wie wäre es denn, wenn du noch deine Mutter begrüssen würdest, ehe du deinem Vater gleich zeigst, wer hier mittlerweile der Herr im Haus ist?
Joen, Vaterkind vom feinsten, der bereits schon wieder auf und davon will, senkt verlegen den Blick und geht zu seiner Mutter hinüber. Er streckt sich, während sie sich etwas nach vorne beugt, und er gibt ihr einen Kuss auf die Wange.
"Verzeih, Mutter."
Viseryas Hand legt sich einen Moment lang an die Wange ihres Sohnes, dann richtet sie sich lachend wieder auf.
Ich freue mich auch sehr, dich wieder zu sehen, grosser Taubenschreck. Na los. Geht schon ihr zwei..
Sie deutet mit dem Kinn auf Rhaegar und schenkt auch ihm ein Lächeln.
Emotional gestimmt drückt Rhaegar erst seiner Tochter, dann seiner Frau einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich seinen Sohn auf die Schultern setzt und mit ihm davon rauscht.
Na dann Mal los.
Viserya bleibt mit Daeny zurück, sieht ihren beiden Männern hinterher und legt ihrer Tochter den Arm um die Schulter, ehe sie den Weg zum Haus einschlagen.
Tatsächlich schafft es Joen nicht, Rhaegar zu entwaffnen, doch er genießt dennoch die Zeit mit seinem heimgekehrt Vater. So wie Rhaegar die Zeit mit ihm genießt, auch wenn er nie der Vater war, der seinen Sohn absichtlich gewinnen lässt. Das bringt ihn auch nicht weiter.
Komm, lass uns nach den Weibern sehen.
Joen grinst bei der Ausdrucksweise seines Vaters, geht jedoch trotz des nicht eingetroffen Sieges gut gelaunt neben seinem Vater zum Hauptgebäude zurück.
Nicht nur die Kinder sondern auch der Rest der Familie und einige der Angestellten haben ihre Ankunft bemerkt. Sie alle stehen vor dem Haus und lachen erleichtert auf, als sie Rhaegar und Viserya sehen - scheinbar unverletzt. In ihren Augen liegen eine Menge Fragen, doch sie sind viel zu höflich, um sie gleich alles zu stellen. Und die Drachenreiterin ist ihnen dankbar dafür. Stattdessen wird sie in liebevolle Umarmungen gezogen und wechselt kurze, fast schon belanglose Worte mit dem einen oder anderen hier, während sie auf Rhaegar und Joen wartet.
Als Rhaegar mit seinem Sohn zu den anderen zurückkehrt, ist er erstaunt, seine Mutter auf den Beinen zu sehen. Seit dem Tod ihres Mannes ist sie mehr und mehr zerfallen. Und das meint er keineswegs böse. So ist es nun einmal, wenn man jemanden mit jedem kleinsten Nerv liebt und diesen dann verliert.
"Mutter, du siehst großartig aus!"
Er umarmt sie sanft, achtet genau darauf, sie nicht zu fest zu drücken, und küsst auch sie auf die Stirn.
Viserya, die ihre Mutter bislang nur mit einem kurzen, traurigen Blick gemustert hat, schenkt ihr jetzt ein bemühtes Lächeln zur Begrüssung und geht an Rhaegar und ihr vorbei ins Haus, ohne etwas zu sagen. Rhaegar war nicht hier, die Tage nach Tyras Tod. Und sie hat ihm auch nicht davon erzählt.
Gib mir einen Moment, Edric..
sagt sie ruhig, während sie ihren Kopf flüchtig zu ihrem Onkel umdreht, der ihr als einziger gefolgt ist. Sie hat ihn nicht nur an seinem leicht hinkenden Gang erkannt. Er hat auch versucht, ihre Gedanken zu ergründen, das hat sie deutlich gespürt. Edric bleibt stehen und legt den Kopf schief. Er sieht sie aus seinen dunklen Augen fast schon enttäuscht an.
"Du hast Rhaegar nichts gesagt?"
Ohne zu antworten wendet Viserya sich ab und geht weiter. Sie muss raus aus diesen Kleidern.
Rhaegar spürt Viseryas Unruhe, lässt sie aber ziehen, da er glaubt, sie hänge sicher mit der langen Reise zusammen. Er bleibt bei seiner Mutter Maena, der er nach Tyrons Tod versucht hat, alles zu geben, was er entbehren konnte. Sie ist nun einmal seine Mutter. Ihre Mutter. Er führt sie mit sich nach drinnen, während sie kein einziges Wort verliert. Wenn sie seine Umarmung vorhin nicht kurz erwidert hätte, wüsste er überhaupt nicht, warum sie heute das Bett verlassen hat.
Daeny und Joen folgen ihnen nach drinnen, necken sich unterwegs, weil sie darum streiten, wer an der noch freien Seite ihres Vaters laufen darf. Rhaegar ignoriert sie, völlig auf seine Mutter fixiert.
Viserya betritt ihr Schlafzimmer und reisst sich die Kleider beinahe vom Leib. Ihre Rüstung fällt zu Boden, dann ihr Untergewand und sie stützt sich schliesslich im angrenzenden Waschraum schwer mit den Händen auf den Rand des Waschbeckens und lässt den Kopf sinken. Ein paar Minuten steht sie so da und atmet durch. Dann lässt sie sich unter der Dusche Eimerweise kaltes Wasser über den Körper rieseln und versucht, sich den Schmutz der letzten Tage abzuwaschen.
Als Rhaegar schließlich zu ihrem Zimmer kommt, sehnt er sich auch mehr denn je nach einer Dusche. Die Kinder hat er im Wohnzimmer zurück gelassen. Daeny liest, Joen lernt die Geschichte von Drachenstein.
Rya?
Viserya dreht das Wasser ab und wickelt sich ein Handtuch um den nassen Körper. Einen Augenblick später erscheint sie lächelnd im Schlafgemach und streicht Rhaegar im Vorbeigehen flüchtig über die Schulter, ehe sie hinüber zum Kleiderschrank geht.
Entschuldige, ich habe es kaum mehr ausgehalten.
Rhaegar küsst sie kurz auf die Schläfe, dann zieht er sich ebenfalls aus.
Lass mich mich auch noch kurz frisch machen, dann...
Er blickt ihr hinterher und kann trotz ihres Lächelns durch ihre Maske sehen. Er kennt sie nun einmal besser. Er kennt ihr Innerstes.
Und danach reden wir, ja?
Viserya legt das Handtuch zur Seite und streift sich ein frisches Untergewand über. Dann dreht sie sich zu Rhaegar um, noch immer das selbe Lächeln im Gesicht.
Nein wir.. sollten wohl etwas Zeit mit Daeny und Joen verbringen..
Viserya...
beginnt er, lässt seine Worte dann jedoch unausgesprochen.
Wie du meinst. Ich bin gleich wieder da.
Er schüttelt kurz den Kopf, um ihr zu signalisieren, dass er das nicht gut heißt, dann geht er ins Bad und macht sich frisch.
Viserya zieht sich an, flechtet ihr nasses Haar und setzt sich im Wohnzimmer zu den Kindern, um sich Geschichten der letzten Tage anzuhören. Sie lächelt glücklich und selbst wenn sie zugegebenermassen nicht zu hundert Prozent zuhört, tut es ihr unglaublich gut, in die strahlenden Gesichter der beiden zu sehen, ihnen hin und wieder durchs Haar zu streichen und sie zu loben, über ihre Abenteuer und Missgeschicke zu lachen und alles andere auszublenden.
Schließlich kommt auch Rhaegar zu ihnen, die Haare noch feucht, blickt kurz zu Viserya hinüber, lächelt dann jedoch unbekümmert und liebevoll auf deine Kinder hinab. Er setzt sich neben Joen, sieht sich an, welches Kapitel er gerade lernt und beginnt dann, ihm weiteres Wissen darüber anzueignen.
Die Zeit vergeht wie im Flug, während Viserya Zeit mit ihrer Familie verbringt. Und schliesslich steht sie auf und schickt das Hausmädchen weg, um selbst eine Kleinigkeit zu kochen. Für ihre Familie zu Essen zuzubereiten war schon immer etwas, das sie liebend gerne getan hat. Immerhin tun das Mütter und liebende Ehefrauen schon seit Jahrhunderten.
Wer hat Hunger?
fragt sie schliesslich lächelnd, und dreht sich im Türrahmen noch einmal zu ihrer Familie um.