Man erzählt von einem Traum. Dieser Traum gehört Arganyll, dem Wyrm, der in die Lüfte stieg, um die Welt zu sehen. Man sagt, er sei der erste gewesen, dessen Glaube solche Macht in sich trug, dass er aus dem Wasser sprang und sich ohne Wiederkehr in den Himmel zu strecken vermochte. Doch mitnichten tat er dies, denn sein Traum war es, dass alle der Seinen aus dem Wasser steigen sollten und die Schönheit des Alles sehen könnten. Doch leider waren nicht alle aus seinem Volk bereit, denn der Glaube in ihnen war brüchig, schwach und träge. Arganyll sollte der Einzige sein, dessen Traum ihm zum Schöpfer aller Wyrme machte, die aus dem Wasser stiegen um die Welt zu sehen.

Dieser alte Mythos erzählt die Entstehung des Drachen, wie er aus dem Wasser brach und in den Himmel stieg. Wie ihm Flügel wuchsen, um die Herrlichkeit der freien Bewegung auch außerhalb des Wassers zu vollziehen. Wie ihm Beine mit Krallen wuchsen, um die Wärme von trockener Erde tiefer zu spüren, als es ein langer Körper könnte. Er erzählt aber auch wie ihm Schuppen wuchsen, denn der Strom der Lüfte und des Feuers zerstörte die glatte Haut des Wyrms. Und selbst der Feueratem, der nur den wenigsten Drachen vergönnt war, hatte in dieser Geschichte einen Platz. Denn der Traum des Arganyll war nicht die Kälte des Wassers und die rohe Gewalt, mit der sich ein abtrünniger Bruder seine Nahrung riss. Wärme sollte die Drachen umgeben und mit Wärme sollte auch gegessen werden.

Das Volk, das an diesen Traum glaubt, kennt den Namen Arganyll nicht mehr. Auch von einem Schöpfer kann nicht mehr gesprochen werden. Aber man redet von Drachen, die von diesem Volk als Götter verehrt werden. Es sind die Thisz, weitläufig auch einfach nur Echsenmenschen genannt. Sie glauben daran, aus dem Wasser gestiegen zu sein und irgendwann selbst zu Drachen zu werden. Um den Drachen nahe zu sein errichten sie hohe, steinerne Stufenbauten inmitten von sumpfigen Landschaften. Denn sie sind nicht würdig, auf hohen Bergen zu leben, weil ihnen die Götter ansonsten Flügel gegeben hätten. Mit der Wertschätzung der Götter durch diese hohen Bauten trachten sie danach, sich als würdig zu zeigen um irgendwann zu ihnen zu fliegen. Die Leichen der höchsten Gläubigen der Thisz werden deshalb in diesen steinernen Bauten verschart, denn mit ihrer Nähe zu den Drachen wachsen ihnen im nächsten Leben vielleicht Flügel. Die Echsenmenschen glauben an weitere Leben, denn ihre scharfe Beobachtungsgabe hat ihnen offeriert, dass ihnen zu Lebzeiten keine Flügel mehr wachsen. Auch meinen sie zu wissen, dass Drachen unsterblich sind und so ist es ihr Ziel, so oft zu leben, bis sie zur Unsterblichkeit gefunden haben.

Der Grund, warum es Thisz in Drachenstein gibt, ist ebenso einfach, wie der Traum des Arganyll. Nun, es ist sicherlich nicht der Name des Landes, der die Echsenmenschen dorthin führte. Es dauerte viele Jahrhunderte der Entwicklung und der Beobachtung, bis das Volk der Thisz seine urtümliche Heimat verließ und mit riesigen, schwimmenden Reptilien über das große Meer ritt. Man meinte, den Flug der Drachen zu einem Muster zusammengesetzt zu haben und führte das Volk in das Land der Götter. Von den Tausenden, die das Meer vom Süden her durchquerten, schafften es nur Wenige, das Land zu betreten. Das Echsenvolk schwamm durch die Meeresstraße zwischen Loz und Kretz. In Iwz gingen sie an Land. Bereits dort war der letzte der großen Führer dieses Volkes von den Wogen des Meeres verschlungen worden. Es war Nasz’this, der in der Trockenzeit des Jahres 23642 ndZ den Watangul erklomm und das Brüllen ferner Drachen im Norden vernahm. Eine weite Bucht und ein Fluss im nahen Westen durchzog das Land bis er sich im hohen Norden in einen Wall aus blassen Bergen verlor. Nasz’this kniete nieder und wusste, dass seine Augen den Weg in das Land der Götter geschaut haben. Er nahm den Speer des letzten Führers, gemacht aus unförmigem, schwarzem Stein, schwach durchzogen von Adern aus glitzerndem und schimmerndem Opal. Seine Klauen gruben sich tief in sein rechtes Auge und entrissen es ihm. Unter Schmerzen rammte er den Speer in die Spitze des Berges und das Auge darauf, dass fortan auf die Spitze des höchsten Berges in der Ferne zeigen sollte. Damals, so erzählt man sich unter den Bewahrern des Glaubens, habe das Auge auf den Anemagul gezeigt, denn an diesem klaren Tag, von dieser Position aus verdeckte er den Natongul. Nasz’this aber solle gesehen haben, dass der höchste Gipfel und damit die Heimat der Götter sich dahinter befindet. Die verbliebenen der Echsenmenschen erwählten Nasz’this als neuen Führer und bezeichneten sich ab diesem Zeitpunkt als Thisz, als das Gefolge des This. Bevor das große Volk der Echsenmenschen zerbrach, gab es viele verschiedene Stämme, die einer großen Familie angehörten, indem sie ihren Namen verwendeten. Dies hatte vor allem in Paarungszeiten große Bedeutung. So waren Voguz und Zish’guz zwei, die Guz Folge leisteten und Bochis und Thuz’chis zwei, die Chis folgten. Die Thisz sind heute die einzigen, bekannten Echsenmenschen in Drachenstein. Ungefähr zwei Monate nach der Besteigung des Watangul hatten die Thisz einen weiten See erreicht der von einem breiten Schilfgürtel umgeben war. Sie wählten ein Land als provisorische Heimat, das an drei Seiten von Wasser, Schilf, Moor und einer anschließend steilen Küste begrenzt wurde. Lediglich im Norden hob sich das Land noch weiter, ragte steil gen Himmel und gipfelte im Allagul.

Ein Jahr, nachdem der Watangul erklommen war, hatten die Echsen an kleinen Trassen, die durch Flussmündungen im hohen Gebirge entstanden waren und sich als Sammelbecken für Gebirgswasser zu Mooren wandelten, eine Siedlung errichtet. Am Anfang waren viele Raubtiere für den Tod der Echsen verantwortlich. Harpyien rasten ungestüm aus brüchigen Höhlen hernieder und Wyvern versuchten ihre Sumpflöcher gegen die Eindringlinge zu verteidigen. Schnell lernten die Echsenmenschen, Wyvern nicht als Götter zu werten, wenngleich eine Verwandtschaft mit den Drachen nicht auszuschließen war. Aus den Häuten der erschlagenen Tiere fertigten sie Leder und nutzten es um Dächer gegen den gelegentlichen Ascheregen aus nahen Vulkanen zu spannen. Das Echsenvolk hielt sich und breitete sich aufgrund der Widrigkeiten langsam in ihrer isolierten Welt aus.

Im Jahre 23815 ndZ entdeckte man eine flache Landbrücke, die regelmäßig vom strömenden Gebirgswasser überspült und verdeckt wurde. Sie führte durch eine Wand aus Schilf in eine Orksiedlung, die landwärts von starken Mauern umgeben war, jedoch zum Schilf hin keinen Schutz. Die Orks nutzten das vom Schilf gesäuberte Wasser als Trinkwasser, waren sich aber nicht bewusst, dass die Echsenmenschen am anderen Ufer des Wassers nach neuem Land suchten. Die kleinen, nur selten ebenen Trassen in den Bergen waren nur schwer als Baugrund nutzbar und das Gestein in den Bergen war mühseliger abzutragen als nach neuen Wohnflächen zu suchen. In der Abenddämmerung führte der mittlerweile sehr alte Nasz’this eine Gruppe von Jägern gegen die Orksiedlung an, denn wie eine rettende Insel war diese Stadt. Ein neuer Lebensraum, den Nasz’this erschließen wollte. Es gelang den Echsen, die Orks zu vertreiben, doch die Wunden, die der große Anführer der Thisz erlitt kosteten ihm wenige Tage später das Leben. Ihm zu Ehren wurde ein großer Turm in der Mitte der orkischen Stadt errichtet, die später von den Elben als Bartays bezeichnet werden sollte. Von den Resten der orkischen Siedlung erlernten die Echsen das Schmieden mit Kupfer, Messing und Eisen, das fortan für die Fertigung ritueller Waffen oder für Schmuck Verwendung fand. Vieles vom einstigen Wissen des großen Echsenvolkes ging jedoch mit dem Tod Vieler verloren. Allmählich lernten die Thisz den Umgang mit den heimischen Pflanzen, gewannen daraus Nahrung oder Stoffe für die Fertigung von Baumaterial. Sie legten zwischen den Schilfteppichen Felder aus verschiedenen Sumpfpflanzen an und führten unter Yasthis, dem neuen Führer der Thisz, erstmals Handel mit den Elben am großen See. Für das Leder seltener Tiere aus den vulkanischen Regionen und den Abbau von Obsidian bekamen die Echsen Werkzeuge und Utensilien für die Herstellung hochwertiger Bauten. In den folgenden 200 Jahren wurden die Echsenmenschen vertrauter mit der Religion des Landes. Sie benannten die Erde Parn, gaben dem Wasser den Namen Nerron und bezeichneten die Schmiedesse, die Feuersglut der Öfen als Marron. Nicht zuletzt war der Wind, der mild durch die Berge und die Sümpfe zog, mit dem Namen Zerron betitelt worden. Yasthis aber war sehr alt geworden und hatte dem jungen Skarathis im Jahr 24020 am Totenbett die Ehre zugesprochen, die Thisz anzuführen. Skarathis, ein Pflanzenzüchter, der sich auf das Mischen von Zaubermitteln verstand, ohne die Ursprünge tatsächlich zu begreifen, war der Auffassung, dass jedes gute Mittel möglichst eine Zutat brauchte, die nach seinem Verständnis jeweils einem der vier wichtigen Elemente entsprach.

Skarathis strebte danach, mehr aus den Handelsbeziehungen mit den wenigen Städten zu machen, denn die Thisz lebten in Wohlstand und der Platz, den sich das Volk vor vielen Jahren als Heimat erwählt hatte, wurde langsam knapp. Knapp 600 der Echsenmenschen tummelten sich in Bartays und weitere 300 wohnten in der Wahlheimat wild verteilt. Um Anerkennung in Drachenstein zu erlangen und um mehr Platz und Wohlstand für sein Volk zu erringen, tat er den langen Weg, bis nach Pretannica.