Kaiserreich Drachenstein

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Nur ein kleiner Ausflug

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Hör auf.. 

flüstert Belle und wendet den Kopf ab. Als sie sich wieder zu Gideon umdreht, sind ihre Augen tränengefüllt und ihr Gesichtsausdruck mehr als resignierend. 

Bitte hör auf damit. Ich will ihm nichts Böses. Deshalb gehe ich morgen. Der Ruf.. meines alten Ichs soll ihm nicht schaden. Aber lass mir bitte diesen kleinen letzten, friedlichen Augenblick, in welchem ich ihn noch einmal halten und trösten kann.

Gideon seufzt leicht genervt, aber nur leise. Zum Flennen wollte er sie ganz sicher nicht bringen.
"Ich geb dir eine halbe Stunde. Dann sollte er in Ruhe schlafen."

Er richtet sich auf und geht aus dem Zimmer, ohne sie noch einmal anzusehen.

Belle wartet, bis Gideon sein Zimmer verlassen hat. Dann nimmt sie sanft Marius' Gesicht zwischen ihre Hände.

Marius.. du wirst morgen ohnehin vergessen haben, dass ich überhaupt hier war aber.. 

Sie streicht ihm lächelnd das wirre Haar zurück. 

... ich muss einfach ein paar Worte los werden, ehe ich gehe. 

Selbstverständlich reagiert Marius nicht, sondern schlummert friedlich weiter.

Belle lässt sich davon nicht irritieren. Sie lächelt ihn an, wischt sich dann mit dem Handrücken die Tränen von der Wange und drückt Marius wieder an sich. 

Es tut mir unglaublich leid, was heute passiert ist, Marius. Ich will nichts lieber, als bei dir zu sein und dir über diesen schweren Verlust hinweg zu helfen, aber damit würde ich dir nur schaden, fürchte ich.

Diese Miama hat vorhin mit mir gesprochen und mir von... Amelia erzählt. Diese Frau, die angeblich ich sein soll und..

Sie vergräbt ihr Gesicht in Marius' Haar und schliesst kurz die Augen, um sich wieder zu sammeln. 

Was sie gesagt hat war schrecklich. Ich bin ein schrecklicher Mensch. Ein ganz furchtbarer. Oder zumindest war ich das wohl.  Sie... hat mir nahe gelegt, nach Hause zu gehen und nach Erinnerungen zu suchen. Aber das Verrückte ist.. das einzige Zuhause, das ich habe, bist du..

Ich habe Angst zu gehen, Marius. So furchtbare Angst. Angst vor den Dingen, die ich über mich erfahren werde. Ich will mich nicht erinnern. Nicht an ein Leben, das so schrecklich war. Ich will hier bleiben. Hier bei dir. Nicht als Amelia. Sondern als die Belle, die du und ich kennen.. Das.. das war doch echt, nicht wahr? Diese Nacht.. dieser Tag, den wir hatten..

Nun hält sie inne, haucht ihm einen Kuss auf die Stirn und lässt ihn langsam zurück in die Kissen des weichen Sessels sinken. Es ist Zeit zu gehen.

Ich habe dich niemals belogen, Marius. Niemals. Und ich hoffe, dass du das in deinem Herzen weisst, auch wenn alle anderen hier das Gegenteil behaupten..

Nach einer gefühlt viel zu kurzen Zeit kehrt Gideon zurück und blickt mitleidig auf sie beide hinab, deutet Amelia dann jedoch, zu gehen. Er selbst hebt Marius von dem Sessel auf sein Bett, sieht ihm die Schule aus und bedeckt ihn.

Belle nickt und sieht noch dabei zu, wie Gideon Marius aufs Bett legt. Dann wendet sie sich ab und öffnet die Tür. 

Danke.

Sie wartet nicht auf eine Antwort sondern geht durch den Flur davon. Was Gideon noch an Anfeindungen bereit hält interessiert sie nicht. Bis auf die Kleider, die sie von Marius bekommen hat und nun am Leib trägt, besitzt sie hier nichts. Es gibt also kein Gepäck, dass sie holen müsste, ehe sie zum Hafen geht.

"Wartet."

meint Gideon und holt ihre Schritte schnell wieder auf.
"Gehe ich richtig in der Annahme, dass ihr nun völlig alleine zum Hafen gehen wollt?"

Belle bleibt Gideon zuliebe stehen. Nein. Eigentlich Marius zuliebe. Selbst wenn die Frage bescheuert ist.

Sofern ich kein Tross unter meinem Gewand verberge.. sieht es wohl so aus.

Gideon ignoriert ihren deutlichen Sarkasmus und presst die Lippen fest aufeinander. Dann blickt er sie ruhig an.
"Erlaube mir, dass ich dich sicher zum Hafen geleite."

Belle sieht Gideon einen langen Moment schweigend an. Sie scheint über ihre Möglichkeiten nachzudenken und abzuwägen, was nun schlimmer ist: Seine Gesellschaft oder alleine zum Hafen gehen zu müssen. Eine schnippische Antwort liegt ihr auf der Zunge. Immerhin hat er sich bisher auch keinen Deut um ihr Wohlergehen geschert. Doch schliesslich ist die einzige Antwort, die er bekommt, ein zaghaftes Nicken.

Das entlockt ihm sogar ein kleines Schmunzeln. Dann setzt er sich in Bewegung, bleibt jedoch auf ihrer Höhe und zügelt seinen Schritt.
"Wo wirst du hingehen?"

An jenen Ort, den sie mein Zuhause nennen. Offensichtlich stamme ich aus Malazien.

entgegnet Belle und schert sich nicht darum, ob er ihre Geschichte glaubt oder nicht. Allerdings gibt sie sich ihm gegenüber nun etwas weniger bissig. Dass er sie freiwillig zum Hafen begleitet rechnet sie ihm hoch an.

"Hast du Erinnerungen an diesen Ort?"

fragt Gideon, auch wenn er weiß, dass es unhöflich ist, sie so auszuhorchen. Doch es interessiert ihn ehrlich und ohne Hintergedanken.

Nein.. Man sagte mir, es sein ein hübscher Landsitz. Kein Schloss aber immerhin.. Nur die Herrin des Hauses soll ein unausstehliches Biest sein..

Sie lacht freudlos auf und schüttelt den Kopf.

Nein, keine Erinnerungen an diesen Ort. Keine einzige.

Gideon lächelt zaghaft bei ihren Worten.
"Was dir zugestoßen ist, tut mir leid."

sagt er und kann nicht verhindern, dass er ihr mittlerweile glaubt.
"Ich bin auch nicht immer so unfreundlich zu Frauen, zumindest glaube ich das. Aber wenn es um Marius geht... bin ich einfach vorsichtig."

Drück nicht auf die Tränendrüse, mein Sonnenschein. Die Gelegenheit hast du verpasst, als ich da drin noch geheult habe..

feixt Belle lächelnd, um sich nicht ganz so deutlich anmerken zu lassen, wie froh sie über seine Worte ist. Was er da von sich gibt bedeutet, dass er ihr glaubt. Und damit hätte sie wahrlich nicht mehr gerechnet. 

Danke. Dass du mir glaubst meine ich. Und für.. naja deine Begleitung.

Gideon zuckt mit den Schultern.
"Nur für den Fall, dass ihr doch irgendwann zusammen glücklich werdet, will ich nicht derjenige sein, der dafür verantwortlich ist, dass du auf dem Weg zum Hafen von irgendwelchen Vollidioten dumm angemacht wirst. Mit mir an deiner Seite wird das sicher nicht geschehen."

Sie verlassen den Palast und gehen weiter in Richtung Hafen.

Amelia lacht hell auf.

Es ist eine Schmach, alleine da draussen zu sein und die gierigen Blicke und ungezügelten Hände über sich ergehen zu lassen.

antwortet sie und auf Gideons fragenden Blick hin zuckt sie gleichgültig mit den Schultern.

Na was? Ich wusste doch nicht, wo ich ihn suchen soll. Ich dachte, ihr seid irgendwo in einem.. zweitklassigen Etablissement zu finden.

Gideon schweigt eine Weile betroffen und ehrlich verärgert über die Saufköpfe der Stadt. Doch als er so über die ganze Situation nachdenkt, lächelt er zaghaft auf sie hinab.
"Ich denke, du bist viel taffer als du aussiehst."