Und wieder einmal Entschuldigung für die ewige Verzögerung... Uni ist Stress :rolleyes: Ich hoffe, die Länge macht die Wartezeit etwas wett...
Veuxin, danke fürs Klären&Ausarbeiten! :)
Die Tür schließt sich hinter dem Herzog, und die plötzliche Stille scheint Cara zu erdrücken. Sie lehnt sich in ihrem Stuhl zurück, den Kopf in den Nacken gelegt, die Augen geschlossen, und atmet tief durch. Das Gespräch hat sie durchaus ein wenig erschöpft - noch ist sie es nicht gewohnt, stundenlange Diskussionen zu führen, zumal sie bei dieser jedes Wort, jeden Blick, jede Bewegung auf die Goldwaage legen muss. Durch falsch (oder auch allzu richtig) interpretierte Signale von ihr einen Krieg mit Malaz vom Zaun zu brechen ist jedenfalls nicht ihre Absicht. Aber, überlegt sie, eigentlich lief es doch recht gut. Und nach Plan. Großteils. Ein wenig unzufrieden blickt sie auf die Karte, auf der Herzog Volmar zuletzt die Routen dargestellt hatte. Sie hat gehofft, dass ihre letzte Rede überzeugend genug gewesen wäre, aber nun gut... Bis zur Fortführung des Gesprächs bleibt ihr ja noch eine Menge Vorbereitungszeit. Zunächst einmal sollte sie sich wohl mit Lucien treffen, danach auch den anderen Beratern. Sie braucht deren Meinung zu der ganzen Sache - und zu den Büchern Volmars.
Als sie die Flügeltüren zum großen Konferennzsaal öffnet, blickt sie überrascht auf den beinah komplett besetzten Tisch.
"Lucien, ihr hättet nicht alle auf mich warten müssen."
"Wir hielten es für angebracht."
Die Stimme gehört einem schwarzhaarigen Mann mittleren Alters, der am Kopfende des Tisches sitzt. Seine Miene wirkt gewichtig; im Licht der untergehenden Sonne kann Cara nicht ausmachen, ob es an den Schatten auf seinem Gesicht liegt oder ob er wirklich besorgt ist. Lucien steht auf und deutet auf den Stuhl.
"Bitte, setzt Euch."
Cara nickt ihm dankend zu und nimmt Platz.
"Nun, was habt ihr mit mir zu sagen?"
Sie blickt erwartungsvoll in die Runde. Lucien beginnt zu sprechen, noch während er um den Tisch herum zu einem neuen Sitzplatz geht.
"Aus den Büchern Volmars konnten wir die Grundidee seines Anliegens ableiten; wir werden allerdings nachher noch genauer auf Euer Gespräch mit ihm eingehen müssen. Der Herzog hofft offensichtlich darauf, durch den Ausbau einer neuen Handelsroute seinen Staatshaushalt auszubessern. Die Ausgaben, die er bisher mti der radikalen Bekämpfung der Kriminalität in Malaz hatte, haben wohl ein beachtliches Loch in seine Reserven gefressen und werden das auch weiterhin tun, und nach der gescheiterten Einführung der Tempelsteuer musste er sich anderweitig nach einer neuen Einnahmequelle umsehen. Der Handel bietet sich da selbstverständlich an - wie sehr, erkennt man an Firent."
Er nickt der Fürstin anerkennend zu.
"Malaz ist beileibe nicht arm, doch Volmar ist nicht dumm; er weiß, dass er für seine Vorhaben einen größeren Staatshaushalt braucht. Wesentlich wichtiger ist für ihn aber wohl die damit einhergehende Ausweitung seines Machtbereichs. Wenn die Route, die er hier ausgearbeitet hat, tatsächlich gebaut wird, wird Malaz enorm an Bedeutung gewinnen, und der Herzog wird auf seiner persönlichen Politik-Karriere ein großes Stück weiterkommen. Für ihn dürfte letzteres von größerer Bedeutung sein - zumindest ist das der Schluss, zu dem wir hier gekommen sind. Diese Beweggründe solltet Ihr im Hinterkopf behalten, Fürstin, wenn Ihr sein Anliegen bedenkt. Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass er bereits einiges an Arbeit und Geld in das Projekt gesteckt hat, er wird es also wohl kaum fallen lassen wollen."
Ein anderer Berater - eine Beraterin, um genau zu sein: eine junge Frau aus Earath - ergreift das Wort. Vor ihr liegen eng beschreieben Blätter: Kopien aus einem der Bücher des Herzogs.
"Während Eures Gesprächs habe ich mir die Rechnungen in den Büchern des Herzogs angesehen. Rein rechnerisch sind sie einwandfrei, aber mir sind einige methodische Mängel aufgefallen. In den Statistiken, der er Euch überlassen wollte, sind einige Parameter unschlüssig. Die Wahrscheinlichkeiten, mit denen er gerechnet hat, scheinen mir nicht ganz richtig. Ich kann es noch nicht genau sagen, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Statistiken auf die ein oder andere Art verfälscht sind."
"Würde denn ein Fehler in so einer kleinen Größenordnung überhaupt einen Unterschied machen?"
"Ich kann es für diesen Fall nicht genau sagen. Aber generell neigen kleine Fehler schon dazu, Ergebnisse zu verzerren, ja. Die Frage ist nur - "
"Will er mich täuschen oder ist er so sehr von seiner Idee überzeugt, dass er die Fehler nicht sehen wollte? Entschuldige die Unterbrechung, Mayra. Aber ich denke, die Beantwortung dieser Frage ist essentiell für weitere Gespräche mit dem Herzog. Ich würde das gerne geklärt haben, bevor wir uns den reinen Fakten zuwenden. Was wissen wir über Volmar - und seine Absichten? Auf mich wirkt er sehr selbstsicher. Er stellt sich als undurchschaubar dar, ist teils arrogant."
"Du hast 'herablassend' vergessen, Schwesterherz."
Cara dreht sich ein wenig überrascht zu ihrem Bruder um.
"Corey? Ich habe dich gar nicht bemerkt. Aber hättest du etwas dagegen, einen etwas förmlicheren Gesprächston anzuschlagen?"
Ihrem eigenen Willen zum Trotz lächelt die Fürstin.
"Natürlich, oh Fürstin. Die Idee, mich in die Position des Dieners zu stecken, war übrigens wirklich gut. Wie heißt es doch so schön - man erkennt einen Mann daran, wie er seine Untergebenen behandelt, nicht daran, wie er mit ihm Ebenbürtigen herumspringt."
"Wir kennen 'Das lustige Kaiserlein', Corey. Komm zur Sache."
"Gemach, gemach, teure Fürstin. Also, der ehrerbietige Herzog hat eine liebreizende Leibwache, die aus ihrer Arroganz keinen Hehl macht. Sehr zynisch, diese Elben. Und nicht einmal besonders lustig, wenn ich das anmerken darf. Großer Sympathiefaktor. Aber zurück zum Herzog. Man muss ihm zugute halten, dass er selbst nichts explizit gesagt oder getan hat, was man gegen ihn auslegen kann. Aber ich frage mich doch, ob er seine Leibwache nicht vielleicht gerade deswegen gewählt hat, weil die Elben das ausdrücken, was er selbst aus Taktgründen nicht kann. Zurechtgewiesen hat er sie nicht, soweit ich das sehen konnte."
Cara sieht ihren Bruder skeptisch an.
"Bei aller Liebe, das ist doch sehr viel Spekulation. Aber gut, es ist ein Gedanke. Lucien, was denkt Ihr? Will Volmar mich täuschen, oder spekulieren wir zu viel?"
Der Berater blickt die Fürstin nachdenklich an.
"Auf mich macht der Herzog nicht den Eindruck eines schlampigen Mannes. Wenn seine Rechnungen tatsächlich fehlerhaft sind, liegt es nicht an Unachtsamkeit. Aber ob er Euch wirklich täuschen will, ist doch fraglich. Es wäre ein Risiko, und eine Handelsroute ist das bei aller Bedeutsamkeit nicht unbedingt wert. Allerdings würde ich - um zum eigentlichen Punkt dieses Gesprächs zu kommen - so oder so davon abraten, sein Angebot anzunehmen. Zumindest bei unserem aktuellen Wissensstand - aber wir wissen natürlich noch nicht, was er Euch im persönlichen Gespräch gesagt hat."
Cara fasst den Verlauf des Gesprächs grob zusammen. Sie bemüht sich, die Argumente des Herzogs so wörtlich wie möglich wiederzugeben, und als sie ihren Monolog schließlich beendet, wird der Raum vom Licht der Kerzen erhellt, die einige Diener entzündet haben. Die Berater haben aufmerksam zugehört - die meisten jedenfalls. Nach einigen Momenten bricht einer von ihnen das obligatorische nachdenkliche Schweigen.
"Wenn ich das richtig verstanden habe, hat Volmar bei seinen Überlegungen einen Logikfehler gemacht. Verbessert mich, wenn ich Unrecht habe, aber..."
Er zieht eine Landkarte heran und beginnt, Routen zu zeichnen.
Fortsetzung folgt gleich.