[Riom / Tirgas Dun] Die Maguschakademie
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"Kyraaaaa, wo bist du?"
"Komm schon, Lis, du brauchst keine Angst zu haben. Bitte, bleib da wo du bist."
"Kyraaaaaaa?"
"Kyra! Wo bist du?"
"Kyraaaaaaa?"
"Kyra, Kyra, Kyra..da bist du ja endlich...Bei allen Göttern..Kyra."
"Ich dachte du wärest verletzt oder gestürzt, es tut mir so Leid, Kyra. Ich..wir ..wir werden etwas tun.."
"Du willst wissen warum das passiert ist?"
Jahre sind vergangen seit Kyra sich in der Maguschakademie eingelebt hatte. Ihr Leben hatte sich einschneident verändert, und doch fand sie jeden Tag den Mut weiter zu machen. Mehr noch, sie fand den Mut sich in der Maguschakademie zu beweisen. Auch wenn sie sie nicht sehen konnte, spürte sie nur all zu oft die mitleidigen Blicke der Magusche. Und mehr als sie die Blicke spürte, hörte sie die Stimmen hinter vorgehaltener Hand. Jene die sie belächelten, jene die ihr nicht zutrauten sich zu recht zu finden, und nur gnädiges Mitleid der Akademieleiterin sie hier gewähren lässt. Doch mit der Zeit verstummten diese Stimmen mehr und mehr, und diejenigen die über sie tuschelten wurden jünger und jünger. Kyra schaffte nämlich das, was niemand für möglich gehalten hatte. Sie wurde zu einer ausgezeichneten Hilfskraft in der Akademie. Sie lernte die Korridore und Räume in und auswendig kennen, ohne Augenlicht wandelte sie in schlafwandlerischer Sicherheit durch die Gänge ohne auch nur einen Moment lang inne halten zu müssen. In ihrem Kopf hatte sie sich eine geistige Karte gezeichnet die mit jedem alltäglichen Schritt an Genauigkeit zunahm. Und schließlich kam der Tag an dem sie sogar einen verirrten Maguschschüler in die richtige Richtung lenkte. Sie lernte alltägliche Probleme mit ihrer eigenen Methode zu lößen, wie das schneiden von Fleisch oder die Inventur der Schränke. Formen, Gerüche, jede magische Zutat hatte eine ganz eigene Besonderheit die sie sich zu nutze machte um benötigte Reagenzien ausfindig zu machen und fehlende Stücke zu ordern. Ihre Schreibtafel und ihre Kreide wurden zu ihrem wichtigstem Utensil.
Kyra verdiente sich einen guten Ruf als fähige Haushälgerin in der Akademie, doch gibt es auch eine andere Seite von Kyra, eine Stimme die niemand außer sie hören konnte, die einzige Stimme mit der sie ab und zu Kontakt hatte, und mit der sie in ihrem Kopf sprechen konnte, die einzige Unterhaltung zu der sie Instande war. Diese Stimme half ihr ebensooft wie sie sie verhöhnte. Sie wusste Dinge die um sie herum geschehen und wenn sie großzügig war, teilte sie ihr dies auch mit. Sie hatte nie den Namen der Stimme erfahren, und Anfangs begegnete Kyra ihr mit Argwohn und Missfallen, versuchte sie zu ignorieren, doch die Stimme schwieg nur wenn sie wollte. Kyra konnte nicht sagen ob die Stimme wirklich existierte, oder Teil des unabwendbaren Wahnsinns sei, welches sie aufgrund ihrer Abgegrenztheit von der Außenwelt anheim fallen würde, aber mit der Zeit spielte das keine Rolle. Die Einsamkeit gewann und Kyra akzeptierte die Stimme wie einen Freund, der sie mal unterhielt, mal im Streit sei. Mit ihr teilte Kyra sich sämmtliche Geheimnisse und vertraute sich ihr an.
Die Stimme beruhigte sie, war für sie da, sprach mit ihr, hörte ihr zu. Neckte sie, und doch war sie da. Das einzige Wesen in einer sonst leeren Welt in Dunkelheit. Die Stimme war es auch die sie davon überzeugte an der Akademie zu bleiben, sich ein zu gewöhnen und auf zu horchen. Und sie hatte einen ganz bestimmten Grund dafür.
"Wie lange noch?" fragt sie in ihrem Kopf während sie mit schneller Hand das Gemüse klein schneidet. Eine Frage die sie schon oft gestellt hatte. "Gedult, meine Kleine... Gedult... Du bist fast so weit." Wieder solch eine leere Floskel die sie seit einem Jahr zu hören bekam. "Fast so weit, fast so weit, ich kann es nicht mehr hören! Du hast mir was versprochen! Ich übe jeden Tag wie du es mir aufgetragen hast, jeden Tag, wie lange also noch?!" Innerer Frust regt sich in ihr. Sie hat alles getan was die Stimme verlangt hat, sie lernt genau nach seinen Anweisungen und dann. "In sechs Tagen." Die Antwort kam so schockierend offen dass ihr fast das Messer weggerutscht wäre. Es kam selten vor dass die Stimme sich zu einer offenen und eindeutigen Antwort hinreißen lässt. Diese Ruhe nutzt die Stimme um im süffisanten Ton fort zu fahren "Oder geht es dir jetzt zu schnell?" Kyra bemerkte den Spot nicht, noch immer konnte sie es nicht fassen. "Nein, nein! Ich bin bereit!" Und wie sie bereit ist. Sie ist bereit zu allem was die Stimme von ihr verlangt, für das, was ihr als Lohn versprochen wurde.
"Ich will wieder SEHEN!"
"Kyra? Geht es dir gut? Ich wollte mit dir reden, ich weiß du kannst nicht sehr viel reden, mein Arm ist nicht sehr lang."
"Ich habe jetzt sehr viel Zeit, Diamina sagte sie braucht mich für einige Wochen nicht. Deshalb...Nun. Würdest du mit mir in den Park kommen? Ich...Keine Angst, ich werde dir nichts tun oder dich alleine lassen. Ich möchte nur ein wenig mit dir reden. Hier, naja. Man weiß nie welche Wände zu in diesem Moment Ohren haben, verstehst du? Was sagst du also?"
"Versuch es gleich nochmal."
"Ich 'übe' jetzt schon seit drei Wochen. Es passiert nichts!"
"Ich hasse dich!"
"Das wäre das 67te Mal. Vielleicht lässt du dir etwas neues einfallen. Es langweilt mich."
"Ich hasse dich WIRKLICH!"
"Nicht besonders originell... und auch recht kindisch. Wenn du so weiter machst, wird der Weg noch um einiges länger werden."
"Bist du bereit? Dann nocheinmal von Anfang an. Lege deinen Finger dorthin wo du glaubst, dass die erste Zeile beginnt. Konzentriere dich, öffne dich der Magie und wiederhole im Geiste die Formel immer und immer wieder. Mit einem vertrauten Buch sollte es dir leichter sein, da dich der auftauchende Text nicht verwirrt."
"Konzentrierst du dich nun vielleicht? Sollen dir vielleicht Warzen wachsen?"
"Was ist passiert?"
"Du hast die Worte nicht mehr wiederholt. Der Zauber brach ab. Doch im Grunde hast du es geschafft."
"Ich will es gleich nochmal versuchen!"
I C H W Ü R D E D I C H S E H R G E R N E B E G L E I T E N